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Transporter vor Containern

EU-Lieferkettengesetz: Kontroverse in der deutschen Wirtschaft

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Inhalt

Die Diskussion um das geplante EU-Lieferkettengesetz spaltet die deutsche Politik und Wirtschaft. Während einige Unternehmen die Umsetzung der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) unterstützen, befürchten andere einen Wettbewerbsnachteil und lehnen das Gesetz ab. 

Inhalt

Die zentralen Argumente der Debatte haben wir in loser Reihenfolge zusammengestellt - ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  1. Ziele des EU-Green-Deals werden untergraben: Die Ablehnung der CSDDD durch die deutsche Bundesregierung bedroht die Nachhaltigkeitstransformation der Wirtschaft und schwächt das EU-Green-Deal-Projekt. 
  2. Verlässlichkeit und Glaubwürdigkeit der deutschen Regierung in europäischen Gesetzgebungsverfahren gefährdet: Dass Deutschland sich trotz früherer Zustimmung zum Lieferkettengesetz und eigener nationaler Gesetzgebung auf den letzten Metern enthält, schadet seiner Verlässlichkeit als Partner in Europa.
  3. Wettbewerbsnachteil der deutschen Wirtschaft im europäischen Vergleich: Ein Nichtinkrafttreten der CSDDD könnte die Position deutscher Unternehmen im internationalen Wettbewerb schwächen, da diese sich bereits an das deutsche Lieferkettengesetz halten müssen. Eine EU-Harmonisierung durch die CSDDD würde zu einem ausgeglichenen Level-Playing-Field führen, von dem deutsche Unternehmen profitieren.
  4. Corporate Governance im Kontext von CSRD und CSDDD: Die europäische Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung, die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), bezieht auch die Wertschöpfungskette mit ein. Aufsichtsorgane benötigen also ohnehin Kenntnis über wesentliche Umwelt- und soziale Risiken in der Lieferkette. Die CSDDD unterfüttert die Aussagekraft der künftigen Nachhaltigkeitsberichterstattung sowie die übergeordneten Zielsetzungen der Klimaneutralität und Stärkung der Menschenrechte in der EU.

Inhalt

Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der CSDDD fallen würden, müssen sich faktisch ohnehin intensiver mit ihren Lieferketten befassen – insbesondere um die Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Rahmen der CSRD zu erfüllen. 

Daniel Weiss
Anforderungen wären erfüllbar, wenn die Bundesregierung und Wirtschaftsverbände weitere wirkungsvolle Unterstützungs-Maßnahmen anbieten würden, insbesondere für kleinere Unternehmen und Unternehmen in Risikobranchen.
Name
Daniel Weiß
Position (Untertitel)
Partner @ phiyond
Inhalt
  1. Die CSDDD ermöglicht Fokussierung: Der risikoorientierte Ansatz ist in der CSDDD präzise festgelegt: Firmen sind angehalten, Untersuchungen ausschließlich in Bereichen durchzuführen, in denen Verstöße gegen Menschenrechte am gravierendsten und am ehesten zu erwarten sind. Diese Beurteilung erfolgt auf Grundlage der Risikofaktoren der OECD: darunter Sektor, geografische Lage, Produkttyp und die Struktur des Unternehmens. Zudem richtet sich die Sorgfaltspflicht in der CSDDD nach Erfolgs- und Bemühungspflicht. 
  2. Vier Jahre Zeit zur Vorbereitung: Unternehmen, welche die CSDDD kritisieren, müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie entlang des Gesetzgebungsverfahrens über vier Jahre Zeit hatten, sich auf die Anforderungen vorzubereiten. Dieser Zeitraum sollte ausreichen, um grundlegende Governance- und Risikomanagementsysteme einzuführen, die der CSDDD gerecht werden.
  3. Die CSDDD überfordert insbesondere kleinere Unternehmen: Das zentrale Argument gegen die CSDDD ist, dass die Regulierung in ihrer jetzigen Ausgestaltung zu unvertretbar hohem Bürokratieaufwand führe.
  4. Die CSDDD sieht umfassende Rechtsfolgen vor: Ein weiteres Argument gegen die CSDDD fokussiert auf die – im Vergleich zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) – umfangreicheren Rechtsfolgen im Falle eines Verstoßes. Insbesondere der etwaige Anspruch auf Schadensersatz für Geschädigte (Arbeiter, Angehörige, Gemeinden) wird als zu weitgehend kritisiert.
  5. Internationale Handelsabkommen sollten Sozial- und Umweltstandards in Lieferketten regeln: Die Verantwortung für steigende Sozial- und Umweltstandards in globalen Lieferketten wird auf die Schultern einzelner Unternehmen oder Verbände verlagert. Dabei konfligieren die Rechtsnormen zwischen Auftraggeber- und Auftragnehmer-Land. Internationale Handelsabkommen könnten hier effektiver Abhilfe schaffen.

Inhalt

Ob die deutsche Bundesregierung in diesem Gesetzgebungsverfahren den eigenen Unternehmen einen Bärendienst erweist, wird sich zeigen. Klar ist, dass Risikomanagement kein Selbstzweck ist und sich jedes Unternehmen die Frage stellen muss, ob das eigene Einkaufsverhalten zukunftsfähig ist. 
 

Unsere Expert*innen unterstützen Unternehmen im rechtssicheren und pragmatischen Umgang mit Lieferketten, die dem Prinzip der Sorgfaltspflicht gerecht werden.