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Kurvige Straße bei Sonnenuntergang

Green Claims: Wie Sie EU-Vorschriften und umweltbewusste Verbraucher*innen überzeugen

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Marketing- und Nachhaltigkeitsteams in der Sport- und Outdoor-Branche stehen zunehmend vor der Herausforderung, mit Verbraucher*innen umzugehen, die grünen Werbeaussagen skeptisch gegenüberstehen. Gleichzeitig beeinflussen zwei neue EU-Richtlinien diese Werbeaussagen direkt und zielen darauf ab, das Vertrauen der Verbraucher*innen zurückzugewinnen. In diesem von Dr. Diana Born verfassten Expertinnenartikel wird ein vierstufiger Ansatz vorgestellt, der auf jeden „Green Claim“ anwendbar ist und bewährte Praktiken bietet, um sowohl das Vertrauen der Konsumierenden als auch die Einhaltung der EU-Vorschriften sicherzustellen.

Status Grüner Werbeaussagen bei Konsumierenden

Die Zielgruppen in der Sport- und Outdoor-Branche sind sich des Zusammenhangs zwischen Konsum und ökologischem Fußabdruck bewusst und nutzen Nachhaltigkeitsmerkmale als Kriterien für ihre Kaufentscheidung. Daher sind in den letzten Jahren Green Claims wie "umweltfreundlich", "nachhaltig" und "klimaneutral" in der Produktkommunikation beliebt geworden. Marken und Einzelhändler*innen haben zudem Kennzeichnungssysteme für ihre Produkte mit verbesserter Nachhaltigkeitsleistung entwickelt, beispielsweise "Vaude Green Shape", "Salewa Committed" oder "Eine grünere Wahl" von Globetrotter.

Diverse Studien von Behörden, Verbraucher*innenverbänden und Umweltorganisationen haben gezeigt, dass viele der in der EU verwendeten Angaben und Kennzeichnungen einer gründlichen Prüfung nicht standhalten und oft in die Kategorie "Greenwashing" fallen[1]. Die derzeitigen Praktiken der Nachhaltigkeitskommunikation haben zu Verwarnungen und Gerichtsurteilen wegen irreführender Werbung geführt. Bestehende Rechtsvorschriften, darunter das deutsche Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, befassen sich bereits in vielen EU-Ländern mit diesen Fragen. Vage grüne Werbeaussagen und die zunehmende Zahl von Gerichtsverfahren haben zu verunsicherten Verbraucher*innen geführt: Bereits 2021 ergab ein Consumer Report von Deloitte & OutDoor by ISPO, dass nur 30 % der Studienteilnehmenden den Nachhaltigkeitsaussagen von Marken vertrauten[2].

Zwei EU-Richtlinien stärken die Entscheidungsfähigkeit der Verbraucher*innen durch Anforderungen an Green Claims und Kennzeichnungen

Im Rahmen des „Green Deal“ will die EU bis 2050 Netto-Treibhausgasemissionen von Null erreichen und das Wirtschaftswachstum vom Ressourcenverbrauch abkoppeln. Um dies zu erreichen, hat die Europäische Kommission nicht nur neue Regelungen und Richtlinien für ihre Mitgliedsstaaten aufgestellt, sondern nutzt auch Hebel auf Unternehmens- und Verbraucher*innenebene. Zwei Richtlinien betreffen den „Point of Sale“ und somit die Produktkommunikation von Unternehmen: die Richtlinie über die Befähigung der Verbraucher*innen zum ökologischen Wandel (ECGT) und die Richtlinie über Green Claims (GCD). Die ECGT-Richtlinie ist bereits in Kraft und muss von Unternehmen bis zum 27. September 2026 umgesetzt werden, während die vorgeschlagene Green-Claims-Richtlinie derzeit noch verhandelt wird[3]. Beide Richtlinien zielen darauf ab, die Kommunikation über die Umweltverträglichkeit von Produkten zu verbessern, indem evidenzbasierte Angaben gefordert werden. Vage Behauptungen und Eigenerklärungen sind verboten, während eine externe Überprüfung durch Dritte vorgeschrieben ist.

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Grafik zur Übersicht der aktuellen Richtlinien zu Green Claims und deren Status
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Abbildung 1: Übersicht der aktuellen Richtlinien zu Green Claims und deren Status © phiyond by adelphi

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Was bedeuten diese EU-Richtlinien für die Produktkommunikation?

Die EU-Richtlinien führen dazu, dass neue Prozesse etabliert werden müssen, zum Beispiel für den Datenaustausch zwischen Nachhaltigkeitsabteilungen und externen Prüfenden. Dies verursacht mehr Kosten, zumindest in der Einführungsphase. Unternehmen könnten daher beschließen, aufgrund unzureichender Daten oder wegen Reputations- und finanziellen Risiken von der Verwendung von Grünen Werbeaussagen oder Kennzeichnungen („Labels“) abzusehen. Andererseits bieten diese Richtlinien Produkten mit eindeutigen Umweltvorteilen das Potenzial, sich von der Masse abzuheben: Jüngste McKinsey-Studien in den USA und Deutschland haben gezeigt, dass der Einzelhandelsumsatz und die tatsächliche Kaufbereitschaft der Verbrauchenden bei Produkten mit Nachhaltigkeitsangaben höher sind[4].

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Grafik zu: Green Claims: 4 Schritte, um Verbraucher zu gewinnen und EU-Vorschriften zu erfüllen
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Vier Schritte zur Vorbereitung Ihrer Grünen Werbeaussagen auf die neuen EU-Richtlinien

1. WESENTLICH: Konzentration auf das Wesentliche
Heben Sie die verbesserten Umwelteigenschaften hervor, die über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg einen wesentlichen Unterschied bewirken. Vermeiden Sie Behauptungen über Verpackungen, ein kleines Bauteil oder geringfügige logistische Verbesserungen, da diese irreführend sein können. Wissenschaftlich fundierte Informationen über Produkt-Fußabdrücke können aus Ökobilanzen abgeleitet werden, die beispielsweise nach der von der Europäischen Kommission[5] vorgeschlagenen Methode des Produkt-Umwelt-Fußabdrucks (PEF) oder nach der Norm ISO 14040/44 durchgeführt wurden.

2. VOLLSTÄNDIG: Sowohl positive als auch negative Auswirkungen berücksichtigen
Maßnahmen, die einen Aspekt des ökologischen Fußabdrucks eines Produkts verbessern, können negative Auswirkungen auf einen anderen Teil des Fußabdrucks oder sogar außerhalb des Produktlebenszyklus haben. Zum Beispiel sollten bei Behauptungen über recycelte Inhaltsstoffe transparent sein, wie das Material beschafft wurde und ob das Material am Ende der Produktlebensdauer in diesen Kreislauf zurückgeführt werden kann. Die Verwendung von PET-Flaschen als recyceltes Material für Textilien kann beispielsweise einerseits die Kohlenstoffdioxid-Emissionen des Textilprodukts verringern. Andererseits müssen dadurch bei regional geschlossenen PET-Flaschenkreisläufen möglicherweise mehr fossile Rohstoffe beschafft werden, da dieses Material sonst fehlt. Außerdem führt die Verwendung von Flaschen-PET im Textilbereich potenziell zum „Downcycling“ (Wertverlust) des Materials, da das Recycling von Textilien zu neuen Textilien noch nicht weit verbreitet ist[6].

3. PRÄZISE: Informationen zur Untermauerung der Aussagen leicht zugänglich machen
Wenn grüne Werbeaussagen verwendet werden, sollten die Informationen präzise (zum Beispiel Prozentsatz der Treibhausgasemissionsreduktion, klare Angabe des Reduktionsumfangs und des Basisjahres zum Vergleich) und für verschiedene Zielgruppen verständlich sein. Wenn es die Verpackung nicht zulässt, alle erforderlichen Informationen in der Nähe der Werbeaussage zu platzieren, können sie über einen Link oder einen QR-Code bereitgestellt werden.

4. VERIFIZIERT: Sich unabhängig zertifizieren lassen
Umweltkennzeichnungen und -aussagen sollten von unabhängigen Dritten auf der Grundlage transparenter, wissenschaftlich fundierter und unabhängiger Kriterien und Prozesse überprüft werden. Ein Beispiel für ein wissenschaftlich fundiertes Kennzeichnungssystem mit ehrgeizigen Umweltkriterien ist das „EU Ecolabel“, das für verschiedene Produktgruppen wie Bekleidung und Textilien erhältlich ist[7]. Die Kriterien für das EU Ecolabel für Textilerzeugnisse werden derzeit überarbeitet und Stakeholder können sich an der Entwicklung beteiligen. Dies bietet eine tolle Gelegenheit für Marken und Organisationen, die in der Sportartikel- und Outdoor-Branche tätig sind, ihr Fachwissen und ihre Herausforderungen (beispielsweise im Zusammenhang mit wasserabweisenden Materialien) in den Prozess einzubringen.

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Grafik zu vier wesentlichen Schritten für grüne Werbeaussagen
Beschreibung

Abbildung 2: Übersicht der vier wesentlichen Anforderungen an Green Claims. In vier Schritten erhalten Sie eine Orientierung, wie Sie grüne Werbeaussagen auf einer datengestützten, wissenschaftlichen Grundlage entwickeln können, die das Vertrauen der Verbraucher*innen stärkt und Sie auf die bevorstehende EU-Verordnung vorbereitet. Für die Aspekte "WESENTLICH" und "VOLLSTÄNDIG" werden die Produktauswirkungen während des gesamten Lebenszyklus anhand von Textbeispielen schematisch dargestellt. Daten über die Phasen des Produktlebenszyklus mit hohen Auswirkungen können aus Ökobilanzen abgeleitet werden. 

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Takeaways für Marketingabteilungen

  • Nutzen Sie internes Wissen und Daten: Nachhaltigkeits- und Produktabteilungen können relevante Daten als Grundlage für Forderungen bereitstellen.
  • Es sind neue Verfahren erforderlich: Nachhaltigkeits- oder Rechtsabteilungen oder externe Berater*innen müssen möglicherweise einbezogen werden, um Werbeaussagen zu entwickeln und zu prüfen.
  • Kompetenzaufbau: Da die Kapazitäten der Nachhaltigkeitsabteilungen begrenzt sind, kann es hilfreich sein, gemeinsam Leitlinien zu erstellen und in Ihren Marketing- und Kommunikationsteams ein Verständnis für Umweltdaten zu entwickeln, die aus Ökobilanzen stammen.
  • Digitaler und weniger ist mehr: Die Produktkommunikation kann aufgrund von Transparenzanforderungen und Zertifizierungsprozessen mehr Vorbereitungszeit erfordern. Konzentrieren Sie sich auf Aussagen mit hoher Wirkung und Differenzierungspotenzial. Digitale Tools können die Zusammenarbeit und Transparenz erleichtern.
     

Quellen:

[1] eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/PDF/?uri=CELEX:52022SC0085

[2] Outdoor_Consumer_Report_2021.pdf (deloitte.com)

[3] Green claims directive: Council ready to start talks with the European Parliament - Consilium (europa.eu)

[4] https://www.mckinsey.com/capabilities/growth-marketing-and-sales/our-insights/Talk-is-cheap-How-much-will-consumers-really-pay-for-green-products#/

[5] European Platform on LCA | EPLCA (europa.eu)

[6] Tackling critical challenges in textile circularity: A review on strategies for recycling cellulose and polyester from blended fabrics - ScienceDirect

[7] EU Ecolabel - Clothing and Textiles (europa.eu)


Dieser Artikel erschien erstmals am 25. November 2024 auf https://www.sgieurope.com.